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Terroristische Rhetorik Das Wort gilt
«Im Anfang war das Wort!» übersetzt Goethes Faust aus der Bibel (Joh. 1.1), um zweifelnd innezuhalten und zu überlegen, ob nicht doch die «Kraft» im Anfang stehe. Schliesslich entscheidet er sich für: «Im Anfang war die Tat!»
Die Ereignisse zum Jahresanfang haben das von Faust erörterte Bedeutungsspektrum des Wortes «Logos» mit böser Macht demonstriert. Hier das Wort (oder die Karikatur), da die terroristische Tat. Das Wort stand dabei am Anfang, die Tat war eine Reaktion darauf. Oder macht sie einen neuen Anfang? Und wofür? Auf welcher Seite wir hier stehen, bleibt ausser Frage.
Fast zeitgleich hat ein anderes Geschehen jüngst die Gemüter in der Schweiz erregt. Am Anfang stand der Doppelmord einer Mutter an ihren zwei Kindern, der eine Fülle an heftigen verunglimpfenden Worten hervorrief. Überraschenderweise ist dabei jedoch nicht die Rede von einer bösen Mutter und Mörderin. Die Rollen wurden neu gemischt: Böse ist der Staat in Form einer Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB), die eigentlich den Doppelmord provoziert habe. Umkehr der Verhältnisse im öffentlichen Diskurs der sozialen und der Boulevard-Medien sowie der Zürcher SVP.
Im Zuge dieser Verunglimpfungen wurde, wie man nachlesen konnte, den Mitgliedern jener Behörde sogar mit Ermordung und Tod gedroht. Eine Ungeheuerlichkeit gemessen an dem fast zeitgleichen Geschehen in Paris. Doch es ist kein Einzelfall. Es häufen sich die Gelegenheiten, in denen lauthals und unreflektiert von Wegputzen, Ermorden, Auslöschen, Killen die Rede ist. In den sozialen Medien wie auf Pegida-Veranstaltungen.
Unreflektiert? Das ist die Frage. Was ist es denn, dass Biedermänner und Politiker in der Wohlstandsgesellschaft dazu veranlasst, sich der grausamen Rhetorik von Al-Kaida zu bedienen? Welcher Ingrimm beherrscht die öffentliche Diskussion, dass zu einer solchen Sprache gegriffen wird? Natürlich gilt es zu unterscheiden zwischen Wort und Tat, sie entspringen nicht wie bei Goethe beide dem «Logos». Dennoch sollte Faust nicht vorschnell in seinem Zweifel bestätigt werden, wenn er schreibt: «Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen». Doch! Das Wort gilt, und zumindest in den zivilisierten Diskussion einer demokratischen Gesellschaft muss es hoch geschätzt werden! Es gilt, was Marica Bodrožić in ihrem Buch «Mein weisser Frieden» schreibt: «Alle Kriege beginnen in Gedanken und münden in die Syntax».
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