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Kurz notiert, schnell gelesen Die bibliophile Notiz für Kalenderwoche 29
Das stille Lesen, die stumme Lektüre ist eine erlernte kulturelle Praxis und keine Selbstverständlichkeit, wie unsere Kinder bezeugen. Sie müssen sich die Welt der Buchstaben zuerst mir lauter Stimme erobern, bevor sich das Lesen aus Mund und Finger in den Kopf zurückzieht. Lautes lesen war Jahrhunderte lang die Norm. Den Moment des Wechsel hielt Aurelius Augustinus in seinen «Bekenntnissen» (Confessiones, Buch 6, Kap. 3) ums Jahr 400 fest. Sichtlich überrascht beschreibt er, wie sein Lehrer Ambrosius leise liest: «Wenn er aber las, dann glitten seine Augen über die Seiten, sein Herz suchte nach dem Verständnis, Stimme und Zunge aber ruhten. Oft wenn wir zugegen waren – jeder durfte bei ihm eintreten, keiner wurde angemeldet –, sahen wir ihn schweigend lesen und nie anders.» Augustinus vermag sich darauf keinen rechten Reim zu machen. Vielleicht wollte Ambrosius so, mutmasst er, einfach seine Ruhe haben oder keine Aufmerksamkeit erregen, um nicht die gelesenen Stellen anderen erklären zu müssen, oder einfach seine Stimme schonen.
Den Sachverhalt klärt im Jahr 529 die Benediktregel (Regula Benedicti, Kap. 48) von Benedikt von Nursia: «Wie nun und mit welch grosser Disziplin und Stille die Mönche sich der Lektüre widmen müssen. (...) Dazu führt der heilige Basilius aus: 'Wenn man sich der Lektüre widmet, soll jeder getrennt vom anderen lesen, damit sie nicht in einer Gruppe vereinigt einer den andern mit ihrer Stimme stören.'»
An dieser Stelle präsentieren wir wöchentlich eine bibliophile Notiz. Kalenderwoche 28: Who destroys a good book
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