LiteraturSchweiz

Randglossen als soziale Lektüre

Kurz notiert, schnell gelesen Die bibliophile Notiz für Kalenderwoche 6

Es ist zuweilen erstaunlich, wie sich neueste Kulturtechniken in alten Praktiken vorgespiegelt finden. Die parallele Anordnung, wie sie Webseiten für Texte anbieten, findet sich schon in den Büchern und Handschriften des Mittelalters. Und auch ein (modernes) Ärgernis lässt sich darin bereits beobachten: die handschriftlichen Anmerkungen in Bibliotheksbüchern. Es stört uns heute, wenn frühere Leser in Leihbüchern ihre Kommentare festschreiben, mit Kugelschreiber oder Tinte gar. Wer solches trotzdem tut, kann sich auf eine alte Praxis berufen. Es war vor Zeiten durchaus gebräuchlich, in Büchern eigene Kommentare und Anmerkungen für spätere Leser zu hinterlassen.

Allerdings, muss angemerkt werden, waren die damals wenigen Kunden einer Bibliothek einander womöglich bekannt, so dass die Annotationen weniger von Anonymität zeugten sondern weit eher ein frühes Experiment mit sozialem Lesen (social reading) darstellen, wie es heute in Blogs und auf Webportalen betrieben wird. (bm)

An dieser Stelle präsentieren wir wöchentlich eine bibliophile Notiz. Kalenderwoche 5: Trash Archiv