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Elisabeth Eggenberger

Alles Heidi, oder was?

Tour d'horizon Schweizer Kinderliteratur scheint voll im Trend zu sein. Globi erlebt seine Abenteuer schon im 85. Band, Schellen-Ursli und Heidi kommen diesen Herbst (mal wieder) auf die Leinwand, Leupins Märchen aus den Vierzigerjahren und Franz Caspars Geschichte vom Dackel Fridolin von 1959 werden neu aufgelegt. Solche Klassiker erfreuen sich tatsächlich grosser Beliebtheit. Doch wie steht es um die neuere Kinder- und Jugendliteratur aus der Schweiz? Mit welchen Problemen hat sie zu kämpfen und was nimmt die Öffentlichkeit von ihr wahr?

Zwischen Pappbuchillustration und dem Verfassen eines Jugendromans liegen Welten. Fachgrenzen von Kunst, Literatur und Pädagogik werden dabei gesprengt. Allzu oft fällt das Kinder- und Jugendbuch daher, etwa in der Kulturförderung, zwischen Stuhl und Bank. Dazu kommt, dass der Blick auf das nationale Ganze schwierig ist. In einem viersprachigen Land ist für die Kinderbuchschaffenden die Orientierung hin zum internationalen Markt wichtiger als die Vermarktung in einer anderen Sprachregion des Landes. Auch nationale Leseförderungsprojekte müssen die verschiedenen Sprachen bedienen können und dazu noch alle Migrationssprachen, die in der Schweiz wichtig geworden sind.

Schweizer Kinder- und Jugendliteratur machte jedoch auch in den letzten Jahren auf internationalem Parkett von sich zu reden: Der 2014 verstorbene Jürg Schubiger erhielt 2008, als erster Schweizer Schriftsteller den renommierten Hans-Christian-Andersen-Preis, den „Nobelpreis der Kinderliteratur“, für seine Lyrik und philosophische Prosa, die sich ganz auf die Gedankenwelt des Kindes einlässt. Er gehörte zu einer Generation von Schriftstellern, die vom Schreiben für Erwachsene herkommen. Ab den Siebzigerjahren, als neue ästhetische Ansprüche an die Kinderliteratur gestellt wurden, publizierten sie auch für Kinder. Zu diesen Schweizer AutorInnen gehören Franz Hohler, Lukas Hartmann, Eveline Hasler oder Hanna Johannsen. Wer tritt nun in ihre erzählerischen Fussstapfen? Einzelne heraustretende Werke gibt es zwar, aber noch kaum AutorInnen mit der gleichen Strahlkraft. Das mag auch damit zusammenhängen, dass in der Deutschschweiz in den letzten Jahren ein Verlag fehlte, der ein Programm mit erzählenden Kinder- und Jugendbüchern vertrieb.

Anders sieht es im Bilderbuch aus. Nicht nur sind Schweizer Verlage dort international feste Grössen, die immer wieder Erfolge feiern können, auch drängen in der Deutschschweiz und der Romandie junge, innovative BilderbuchillustratorInnen auf den Markt. Bestes Beispiel dafür ist das junge Illustratorinnen-Duo «It’s raining Elephants». Die zwei Absolventinnen des Studiengangs Illustration an der Hochschule Luzern haben mit «Die grosse Flut», das beim Schweizerischen Jugendschriftenwerk erschienen ist, 2013 den Grossen Preis der Biennale für Illustration in Bratislava gewonnen. Auch für das Programm von SJW, das seit einigen Jahren bewusst dem Schweizer Nachwuchs eine Plattform bietet, ist das eine motivierende Auszeichnung.

Wo ist die Schweizer Kinder- und Jugendliteratur stark und wo schwächelt sie? Was läuft gut und was könnte besser laufen? Welchen spezifischen Herausforderungen sehen sich nationale Projekte hierzulande gegenübergestellt? Mit dem gefeierten Revival von Schweizer Kinderbuchklassiker auf Leinwand und im Druck ist der Zeitpunkt da für eine Bestandesaufnahme und für das lustvolle Entdecken Schweizer Kinder- und Jugendbücher.

Elisabeth Eggenberger ist Redaktorin bei Buch&Maus des Schweizerischen Instituts für Kinder- und Jugendmedien SIKJM. Die Jahrestagung des SIKJM findet dieses Jahr am 25./26. September im Centre Loewenberg in Murten unter dem Titel «Alles Heidi, oder was? Kinder- und Jugendliteraturszene Schweiz» statt. Anmeldungen bis zum 28. August 2015.

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