An der Hammersmith Road in West-London ist ein stattliches Gebäude mit «Lyric House» angeschrieben. Eine verführerische Einladung an alle Liebhaber der Poesie? Ein Haus für die Lyrik an einer solchen Lage: das wäre fantastisch – freilich allzu fantastisch, um wahr zu sein. Die Nachforschung ergibt schnell, dass es sich ganz prosaisch um ein Geschäftshaus handelt, das einfach nur einen lyrischen Namen trägt und vor allem mit märchenhaften Mietpreisen aufwartet. Mind the gap!

Weder Fake noch falsches Versprechen ist dagegen die Poetry Library am Südufer der Themse im Southbank Centre. Hier wird die Lyrik der letzten hundert Jahre aufbewahrt, inklusive Pamphlete, Zeitschriften, Plakate und anderem mehr. Dem Katalog angeschlossen ist auch eine online-Sammlung von Poesie-Zeitschriften, die eine wahre Fundgrube darstellt. Ein Audio-Archiv ergänzt den online-Auftritt der Bibliothek, die aber vor allem eines ist und sein will: Begegnungsort einer Szene, in der Poesie gelesen und geschrieben und verlegt wird, und die sich womöglich in einer der Lesegruppen der Bibliothek trifft. Damit diese Szene nicht ausstirbt, nicht zu vergessen, umfasst die Poetry Library auch 4000 Kinderbücher.

An dieser Stelle publizieren wir sporadisch Korrespondenz aus dem Ausland: Beat Mazenauer berichtet aus London, Roland Früh aus New York, Gina Bucher aus Berlin. Zuletzt aus New York: Read ! Read ! Read !